Auf unserer Veranstaltung am 27.02.2025 zum vierten Jahrestag der Räumung des Bahnhofswaldes wurde mehrfach dieser offene Brief angesprochen und es waren auch mehrere der Unterzeichner anwesend. Er war nicht allen Anwesenden bekannt, von daher hier noch einmal zum Nachlesen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Unterzeichner dieses Offenen Briefs sind seit vielen Jahren der Stadt Flensburg als  Wissenschaftler bzw. als ehrenamtliche Naturschützer verbunden und verfolgen die Stadtentwicklung und insbesondere den Zustand der Natur mit wachsender Sorge.

Das Oberzentrum Flensburg leidet in seiner Stadtentwicklung immer mehr unter der beschränkten (und im Vergleich zu anderen Kommunen vergleichsweise kleinen) Stadtfläche. Die verbliebenen Freiräume sind daher begehrt, um Siedlungsentwicklung und Gewerbeansiedlung Expansionsmöglichkeiten anzubieten. Jedoch sind Freiräume nicht wirklich „frei“ und alleinige Reserven für Bauvorhaben. Umwelterhebung und Landschaftsplan haben Entwicklungsgrenzen vorgegeben, das System der Grünachsen, des Biotopverbunds, der Freiraumerhaltung und der Luftleitbahnen ist zu beachten. Aber das passiert nicht in der städtischen Wirklichkeit. Dort ist weiterhin Wachstum angesagt, bei deutlich schwächelnder Wirtschaft werden tausende neuer Wohnungen geplant, deren Bedarfe und Finanzierung nicht eindeutig nachgewiesen sind. Aufschlussreich ist, dass sich die großen Flensburger Wohnungsbaugesellschaften hier zurückhalten. Leerstände bleiben ungenutzt, verplant werden die letzten innerstädtischen Grünflächen, für angeblich benötigte Gewerbegebiete wird in gleicher Weise verfahren.

Durch inzwischen vollzogene und geplante Wohnbebauung ist das einzige Flensburger Naturschutzgebiet, das NSG Twedter Feld inzwischen umzingelt, eingeengt und degeneriert zum Inselbiotop. Schlimmer würde das noch, wenn bei Verwirklichung der umstrittenen Umzugspläne die Firma JACOB CEMENT an den Stadtrand bei Wees ziehen würde und das Schutzgebiet für die freilebende Pflanzen- und Tierwelt perfekt abriegeln würde. Die Beispiele ließen sich fortsetzen, Fakt ist, dass das Naturschutzpotential der Stadt mit den städtischen Planungen immer weiter beschnitten wird und die Umweltqualität leiden wird. Eine Nachkartierung des Biotopreichtums der Stadt aus dem Jahre 1986 (Umwelterhebung) würde das gnadenlos belegen.

Die Unterzeichner bitten darum, diese Sorgen, die von Fachleuten und vielen Bürgern immer wieder vorgetragen werden, endlich ernst zu nehmen. Ein 2016 verfasstes „Positionspapier zum Naturschutz in der Stadt Flensburg“, von einem der Unterzeichner erstellt und mit dem damaligen Naturschutzbeauftragten der Stadt und dem Beirat abgestimmt, geriet zur Luftnummer: Nur eine Ratspartei hat den Erhalt dankend bestätigt. Auffällig ist überhaupt, wie spät der Naturschutzbeirat und der Naturschutzbeauftragte in die Planungen miteinbezogen und wie wenig ernst deren Stellungnahmen genommen werden.

Die Unterzeichner bitten herzlich darum, viele der bisherigen Planungen auf den Prüfstand zu stellen. Ein ernsthafter Naturschutz und eine hohe Biodiversität sind natürliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche nachhaltige und auch klimagerechte Stadtentwicklung.

Dr. Knut Franck, ehem. Stadtrat und Umweltausschussvorsitzender

Prof. Dr. Ulf Hahne, em. Professor für Regionalentwicklung

Ulrich Heintze, ehem. Naturschutzbeauftragter der Stadt Flensburg (1990-2010)

Thomas Jarstorff, Vorsitzender des BUND Flensburg

Dipl.Ing. Uwe Maßheimer, ehem. Naturschutzbeauftragter der Stadt Flensburg (2010-2021)

Dr. Ralph Müller, Naturschutzbeauftragter der Stadt Flensburg (ab 12/2021)

Dr. Rainer Niss, Vorsitzender des NABU Flensburg

Prof. Dr. Wilfried Probst, ehem. Naturschutzbeauftragter der Stadt Flensburg (1985-1990)

Prof. Dr. Wolfgang Riedel, em. Professor für Landschaftsplanung und Landesbeauftragter für Naturschutz (1985-1995)