Eine Veranstaltung zum vierten Jahrestag der Rodung und Räumung am Bahnhofswald.

Mehr als 90 Menschen folgten der Einladung der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel, kamen in die dänische Bibliothek und hörten einen Vortrag über „Flensburgs Natur und ihre Gefährdung“. Das Thema ist seit Jahren aktuell, drängt sich jedoch besonders auf, wenn im Februar kurz vor Ende der Baumfällsaison überall in der Stadt noch einmal die Kreissägen kreischen und etliche Bäume aus dem Weg geräumt werden.

Der Abend begann mit einem Grußwort von Dietmar Ulbrich, dem Landesvorsitzenden des BUND Schleswig-Holstein. Er verwies auf die alarmierende Zunahme von Einschüchterungsversuchen gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die unlängst im Bundestag eingebrachte „Kleine Anfrage“ der CDU/CSU-Fraktion nimmt explizit auch das Engagement des BUND ins Visier. Dietmar Ulbrich versicherte, man wolle den Versuchen solcher Einflussnahme hartnäckig widerstehen. Hier in Flensburg werde sich der BUND weiterhin allen Plänen zur Errichtung eines Hotels am Bahnhofswald widersetzen.

Ralph Müller richtete in seinem Vortrag den Blick zunächst auf die besonders schöne Lage Flensburgs. Die Mitte der Stadt liegt in einem durch die letzte Eiszeit geschaffenen Tal und ist umgeben von stattlichen Moränenhügeln. Wasser spielte für die Entwicklung Flensburgs seit je eine zentrale Rolle nicht nur aufgrund des Hafens, sondern auch wegen der vielen Fließgewässer, die in die Förde münden. Deren alarmierender Zustand sei seit Jahren bekannt, verschlimmere sich aber stetig, und doch werde längst nicht entschieden genug gegengesteuert. Nähr- und Schadstoffeinträge aus der Landwirtschaft seien Hauptursache dafür, dass ein Umkippen der Förde immer näherrücke, mit unabsehbaren Folgen für alle Menschen der Region wie auch für Tourismus und Wirtschaft. Überraschend kam für manch einen sicher der Hinweis, dass die allsommerlich bekanntgegebenen Meldungen über sehr gute Badewasserqualitäten an den Stränden rein gar nichts über den tatsächlichen desolaten Zustand der Förde aussagen. In tieferen Gewässern weiter draußen sei stellenweise bereits alles tot – eine Aussage, die später in der Diskussion von einem Zuhörer, einem „Augenzeugen“ eindrücklich beschrieben und bestätigt wurde.

Mit aussagekräftigem Bildmaterial untermauerte Ralph Müller die Forderung, wo immer möglich Fließgewässer zu renaturieren. Es gebe bereits gelungene Beispiele, die zeigen, mit welch beeindruckenden Ergebnissen das gelingen kann, aber eben viel zu wenige. Flensburg ist nach Kiel die Stadt in Schleswig-Holstein mit dem höchsten Grad an Versiegelung, und dennoch kommen jedes Jahr noch durchschnittlich 11 Hektar versiegelte Fläche hinzu. Dieser Flächenverbrauch, der die Überreste der Natur nachhaltig schädige und zudem in Zeiten rasch fortschreitender Klimaerhitzung bedrohlichste Folgen habe, müsse dringend gestoppt werden. Es dürfe keine hektische Baubetriebsamkeit geben, mit dem vordringlichen Ziel, Flensburg zu einer Großstadt werden zu lassen.

Der Vortrag endete mit einer beeindruckenden Darstellung zahlreicher konkreter Beispiele, die zeigen, wie stark die Natur in Flensburg allen gegenteiligen Ankündigungen zum Trotz zurückgedrängt, beschädigt und bei vielen Bauvorhaben immer wieder hintangestellt wird. Der lang anhaltende Beifall, den das Publikum spendete, war ein deutlicher Beweis, dass Ralph Müller mit seinen Ausführungen einen Nerv getroffen hatte. Lebhaft war dann die Diskussion, in der viele Zuhörerinnen und Zuhörer die Inhalte des Vortrags mit ihren Erfahrungen bestätigten und ergänzten.